S. 139),
setzt er immerhin voraus, dass das ›vernünftige Kind‹ schon in der Lage ist,
rechnerisch zu erfassen, dass drei Viertel kein Ganzes ergeben. Und selbst wenn
der Bereich des Rechnens in Brüchen umgangen wird, und eine Benennung in
einer so genannten Rhythmussprache erfolgt, müssen die Verhältnisse gewahrt
werden: zwei ›ta‹ sind so lang wie ein ›ta-o‹ und ein ›titi‹ ist genau so lang
wie ein ›ta‹ (zur Rhythmussprache vgl. Abschnitt 8.5.1). Auch wenn solche
Sachverhalte beispielsweise in der Elementaren Musikpädagogik noch nicht explizit
verbalisiert werden, wird eine Lehrerin oder ein Lehrer doch darauf hinzielen,
entsprechende Erfahrungen anzubieten, und damit ein implizites Verständnis
anzubahnen.
Für den Musikunterricht bleibt festzuhalten, dass das vollständige, rechnerische Erfassen rhythmischer Vorgänge erst mit ungefähr 12 Jahren gelingen kann. Für ältere Jugendliche oder gar Erwachsene heißt das jedoch noch lange nicht, dass die kognitive Dimension des Musizierens jederzeit völlig problemlos beherrscht wird. Die Notation musikalischer Sachverhalte beruht auf einem hochgradig abstrakten Zeichensystem. Und die Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass es in der multiplen Beanspruchung des Musizierens mit seinen sensorischen, motorischen und kognitiven Anforderungen auf jeder dieser Ebenen zu einem ›Rückfall‹ in eigentlich schon überwundene Stadien kommen kann. Ein gutes Beispiel ist hier der Sechs-Achtel-Takt. Rein rechnerisch dürften damit in einem ausgereiften Denkvermögen keine Schwierigkeiten auftreten, müsste das Verständnis für die Ambiguität von binären und ternären Elementen theoretisch vorhanden sein. In der Praxis haben aber sowohl Kinder als auch Erwachsene Probleme mit komplexeren Taktarten. In der Regel sind auch Jugendliche oder Erwachsene dankbar für ›anschauliche‹ Erklärungsansätze bzw. methodische Wege, die auf der auditiven Schiene mühsames Rechnen oder Zählen durch unproblematischeres Imitieren geschickt umgehen. Die intellektuellen Leistungen sind ein wichtiger Baustein im Musikunterricht. Daneben sollte jedoch nicht vergessen werden, dass von Lebensbeginn an eine intuitive Kompetenz für Rhythmen besteht die es zu nutzen gilt. Musikpädagogische Arbeit kann sich nie allein auf rationales Handeln beschränken.
6.3.2. Die Entwicklung rhythmischer FähigkeitenIm Umfeld von Forschungen zur musikalischen Begabung und Entwicklung sind auch die rhythmischen Fähigkeiten von Kindern untersucht worden. Entsprechend der Komplexität des ›Untersuchungsgegenstandes‹ variiert die Versuchsdurchführung erheblich. Manche Erhebungen interessieren sich für die Differenzierungsleistung (gleich/verschieden), manche überprüfen die Imitation geklopfter oder geklatschter Rhythmen oder beobachten die ganzkörperlich-rhythmische Bewegungsabstimmung zur Musik, manche kombinieren mehrere dieser Vorgehensweisen. Fraglich ist, in wie weit diese empirischen Annäherungen tatsächlich rhythmische Fertigkeiten erfassen. Werden Versuchspersonen beispielsweise rhythmische Muster vorgespielt, die sie anschließend mit einem weiteren Muster vergleichen sollen, handelt es sich sowohl um eine Wahrnehmungs- als auch eine Gedächtnisaufgabe. Wahrnehmung und Gedächtnis spielen auch in solchen Untersuchungen eine Rolle, in denen Rhythmen imitiert werden sollen. Darüber hinaus ist in diesen Fällen das Bewegungsverhalten Bestandteil der Untersuchung, es werden also zumindest motorische Fertigkeiten mit getestet (vgl. Davidson/Colley 1987, S. 109 oder |