kommt. In diesem
Zusammenhang soll noch das Phänomen der respiratorischen Arrhythmie erwähnt
sein, weil es auch eher Heranwachsende betrifft. Dieser Begriff umschreibt den
Sachverhalt, dass – zumindest bei Jugendlichen – während der Einatmung die
Herzfrequenz ansteigt und während der Ausatmung wieder sinkt (vgl. Ganong 1971,
S. 504).
Weiter oben war schon erwähnt worden, dass die rhythmische Organisation des
Menschen sich mit dem Ziel der Optimierung auch auf die Kombination verschiedener
Rhythmen erstreckt.
➢ | Verstärkend auf das Bestreben nach Koordination können folgende Faktoren
wirken: | |
| — erhöhte Aktivität, | |
| — Training, | |
| — Ruhe, Passivität (wie etwa im Schlaf), | |
| — Reifung (Kinder und Jugendliche entwickeln ihre Funktionsabläufe erst hin
zum rhythmischen Norm-Wert von einem Atemzug zu vier Herzschlägen). | |
4.3. Menschlicher Körper und musikalischer Rhythmus
Schon seit der Antike werden Parallelen gezogen zwischen Körperrhythmen
und musikalischen Rhythmen, beispielsweise vergleicht der griechische Arzt
Herophilos Arsis und Thesis mit Systole und Diastole (vgl. Kümmel 1968, S. 269).
Auch die Gelehrten des Mittelalters leben in der Vorstellung, dass Struktur und
Funktion des menschlichen Körpers und der Seele unter jene göttliche Ordnung
fallen, die sowohl die zahlenmäßigen Gesetze für den Puls und die Gestirne als
auch die Töne der Musik regeln (ebd., S. 270). Um 1450 empfiehlt Michele
Savonarola, Professor der Medizin in Padua und Ferrara, sich von Musikern in das
Dirigieren einweisen zu lassen, um mit Hilfe der Proportionen des mensuralen
Systems die Unterschiede im Puls von Gesunden und Kranken beschreiben zu
können (vgl. Dohrn-van Rossum 1992, S. 263). Kümmel sieht den ›tactus‹, die
Auf- und Abbewegung der Dirigentenhand, in Analogie zum Herzschlag. In der
Tempobezeichnung ›Andante‹ findet sich auch der Bezug auf den Schrittrhythmus
wieder, schon die Begriffe ›Arsis‹ und ›Thesis‹ meinten ja ursprünglich das
konkrete Heben und Senken der Füße. Auch Hugo Riemann (1903) spricht von
einem körperlichen Bewegungsgefühl, das sich beim Hören von Musik einstellt
und nimmt ein Grundmaß an, das sich im Bereich des Herzschlags bewegt und
auf das alle schnelleren oder langsameren Bewegungen bezogen werden (ebd.,
S. 4ff.).
Die Tempobereiche von Puls, Atem, Schritt und ›tactus‹ sind in den Tempi von Musik
unmittelbar wieder-erlebbar (vgl. Ebert 1995, S. 61). Dieses Wissen – ausgesprochen
oder auch nicht – ist so alt wie die Beziehung von Mensch und Musik selber. Die enge
Verwandtschaft von körperlichen und musikalischen Rhythmen ist auch nicht weiter
verwunderlich, ist doch der menschliche Körper nicht nur das ausführende Organ von
Gesang, Tanz oder Instrumentalspiel sondern gleichzeitig auch ›Träger‹ der
Sinnesempfindungen.
➢ | Zwischen Mensch und Musik besteht ein enges Beziehungsgeflecht vielschichtiger
Rhythmen. | |