und
schildert Handlungsmodelle für musikpädagogische Interventionen. Dieses Vorgehen wird
in Abschnitt 8.7.3 ausführlicher besprochen werden.
Dirk-Jan Povel (1984) befasst sich in einer Untersuchung ausführlicher mit dem Isochronie-Phänomen. Um die – ansonsten unvermeidliche – Vermischung der Parameter zu umgehen, führt er seine Untersuchungen zur Rhythmuswahrnehmung mit Sequenzen gleicher Tonhöhe, Intensität, Klangfarbe und Dauer durch. Seine Versuchspersonen konnten die alternierende Folge von 250 und 750 ms langen Einheiten (in das herkömmliche Notensystem übertragen: Viertelnote und punktierte Halbe) nur annähernd reproduzieren, die Folge von 250, 250, 250 und 750 ms (Viertel, Viertel, Viertel, punktierte Halbe) dagegen machte keine Probleme. Povel nimmt eine Verarbeitungsstrategie an, bei der wahrgenommene rhythmische Sequenzen mit einem internen, individuell gebildeten Zeitgitter abgeglichen werden. Manche Klangereignisse fallen mit dem Gitter zusammen, andere fallen zwischen zwei fixierte Punkte. Für die Ökonomie eines Gitters gilt: Zum einen ist ein Gitter umso effektiver, je mehr Zeitpunkte es fixiert (trifft). Zweitens ist es umso weniger effektiv, um so mehr Zeitpunkte es fixiert, an denen keine Töne der Sequenz stattfinden. Drittens ist ein Gitter umso effektiver, je besser es hilft, die ›zwischenliegenden‹ Sequenzteile zu identifizieren (vgl. Povel 1984, S. 320). Das häufig zur Musik ausgeführte Fußtippen oder Händeklatschen definiert Povel als körperlichen Ausdruck des postulierten Gitters. Mit verschiedenen Experimenten zum dichotischen Hören überprüfte Katharina Müller (1998) die Hypothese, dass Musiker Nichtmusikern in der Verarbeitung von Sprachsignalen auf Grund ihrer höheren rhythmischen Kompetenz überlegen sein müssten. Diese Annahme bewahrheitete sich, besonders in Bezug auf komplexe Stimuli. Sowohl für rhythmische als auch sprachliche Stimuli zeigte sich, dass geübte Musiker nicht nur fehlerfreier in der Reproduktion, im Vergleich und im Wiedererkennen agierten, sondern auch eine andere Strategie verwandten: sie kombinierten analytische mit holistischen Verfahren, bearbeiteten die angebotenen Reize also beidhemisphärisch. (vgl. ebd., S. 118ff.). »Die klare Überlegenheit der Musiker unter allen Bedingungsvariationen spricht für die basale Bedeutung rhythmischer Fertigkeiten für sprachliche Prozesse.« (ebd., S. 169).
5.5. Musikpädagogischer AusblickEs bleibt festzuhalten, dass die Fähigkeit, Rhythmus und Betonung als prosodische Merkmale von Sprache einerseits wahrzunehmen und andererseits zu steuern, Bestandteil des Kommunikationsverhaltens und unabdingbar für eine gesunde Sprachentwicklung ist. Besondere Bedeutung kommt dabei auch motorischen Fertigkeiten zu. Eine weitere bedeutsame Rolle spielt die Fähigkeit, wahrgenommene Spracheindrücke zu Gestalten zu bündeln und diese damit als Gedächtnisinhalt adäquat weiterverarbeiten zu können. Auch die Funktionsfähigkeit des Gedächtnisses selber spielt eine Rolle für einen erfolgreichen Umgang mit dem Sprachsystem.
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