17. Hypothese 6: Motorische Prozesse im Stimmapparat in Abhängigkeit musikalischer
Erfahrung
In dieser Arbeit wurde versucht die Variable »Musikalische Erfahrung« zum einen über die
Anzahl der Jahre der praktischen Erfahrung auf einem Instrument bzw. mit der Singstimme
zu erfassen. Zum anderen wurde die Singhäufigkeit und das gespielte Instrument erhoben,
um zu überprüfen, ob eine häufige Verwendung des Kehlkopfes beim Musikmachen sich
auch auf die Stärke motorischer Prozesse bei musikalischen Klangvorstellungen
auswirkt.
Die statistische Analyse zeigte, dass sich Sänger und Bläser bezüglich der bei
Klangvorstellungen gemessenen elektromyographischen Werte nicht von anderen
Instrumentalisten unterschieden. Ein häufiger Einsatz der Stimme bzw. der
Kehlkopfmuskulatur beim Spielen des Instruments (oder Singens) wirkte sich somit
weder in niedrigerer noch in höherer Kehlkopfaktivität bei der Klangvorstellung
aus. Dies bestätigte sich durch Vergleich der Kehlkopfwerte der Probanden, die
angaben im Alltag häufig zu singen, mit denen, die eher selten sangen. Allerdings ist
anzumerken, dass die Werte auf der fünfstufigen Ratingskala, die zur Ermittlung der
Singhäufigkeit eingesetzt wurde, naturgemäß nicht sehr streuten. Außerdem ist es schwierig
die Frage zu beantworten, ob man »sehr häufig« singt, da die Antwort auf der
subjektiven Selbsteinschätzung des Untersuchungsteilnehmers beruht. Sicherlich
hatten sich viele Probanden zum Zeitpunkt der Erhebung noch keine Gedanken
zum Ausmaß ihrer alltäglichen Singaktivitäten gemacht. Möglicherweise unter-
oder überschätzten manche intuitiv dieses Ausmaß. Ein solches Urteil kommt
höchstwahrscheinlich bewusst oder unbewusst durch Vergleich mit einer Bezugsgröße (z. B.
einer anderen Person oder anderen Aktivitäten) zustande. Dieser Bezug kann jedoch von
Versuchsperson zu Versuchsperson unterschiedlich ausfallen. Mit dieser Frage würde
man streng genommen bei Menschen, die zwar nicht häufig am Tag aber dafür
lang andauernd singen eine logisch richtige aber dem Zweck der Untersuchung
nicht dienliche Antwort bekommen. Vielleicht wäre es besser gewesen, sich die
alltägliche oder wöchentliche Singaktivität in Minuten oder Stunden angeben zu
lassen.
Denkbar wäre, dass sich hinsichtlich der Kehlkopfbewegungen kein Unterschied zwischen
Sängern bzw. Bläsern und den anderen Instrumentalisten zeigte, weil die Stimme bei allen
Musikern (z. B. durch Stimm- und Gehörbildung, Chorteilnahme, Blattsingen oder
Mitsingen beim Üben) bis zu einem gewissen Grad trainiert ist bzw. die Bewegungen
automatisiert sind.
Die Kehlkopfbewegungen bei musikalischen Klangvorstellungen sind laut statistischer
Analyse allerdings auch nicht auf das musikalische Lernalter – angegeben in Jahren der
professionellen Gesangs- bzw. Instrumentalerfahrung – zurückzuführen. Entgegen der
Automatisierungs- bzw. Habituierungshypothese zeigte sich eine schwache positive
Korrelation mit dem Lebensalter, nicht jedoch mit dem
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