- 139 -Schmidt, Patrick L.: Interne Repräsentation musikalischer Strukturen 
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17.  Hypothese 6: Motorische Prozesse im Stimmapparat in Abhängigkeit musikalischer Erfahrung

In dieser Arbeit wurde versucht die Variable »Musikalische Erfahrung« zum einen über die Anzahl der Jahre der praktischen Erfahrung auf einem Instrument bzw. mit der Singstimme zu erfassen. Zum anderen wurde die Singhäufigkeit und das gespielte Instrument erhoben, um zu überprüfen, ob eine häufige Verwendung des Kehlkopfes beim Musikmachen sich auch auf die Stärke motorischer Prozesse bei musikalischen Klangvorstellungen auswirkt.

Die statistische Analyse zeigte, dass sich Sänger und Bläser bezüglich der bei Klangvorstellungen gemessenen elektromyographischen Werte nicht von anderen Instrumentalisten unterschieden. Ein häufiger Einsatz der Stimme bzw. der Kehlkopfmuskulatur beim Spielen des Instruments (oder Singens) wirkte sich somit weder in niedrigerer noch in höherer Kehlkopfaktivität bei der Klangvorstellung aus. Dies bestätigte sich durch Vergleich der Kehlkopfwerte der Probanden, die angaben im Alltag häufig zu singen, mit denen, die eher selten sangen. Allerdings ist anzumerken, dass die Werte auf der fünfstufigen Ratingskala, die zur Ermittlung der Singhäufigkeit eingesetzt wurde, naturgemäß nicht sehr streuten. Außerdem ist es schwierig die Frage zu beantworten, ob man »sehr häufig« singt, da die Antwort auf der subjektiven Selbsteinschätzung des Untersuchungsteilnehmers beruht. Sicherlich hatten sich viele Probanden zum Zeitpunkt der Erhebung noch keine Gedanken zum Ausmaß ihrer alltäglichen Singaktivitäten gemacht. Möglicherweise unter- oder überschätzten manche intuitiv dieses Ausmaß. Ein solches Urteil kommt höchstwahrscheinlich bewusst oder unbewusst durch Vergleich mit einer Bezugsgröße (z. B. einer anderen Person oder anderen Aktivitäten) zustande. Dieser Bezug kann jedoch von Versuchsperson zu Versuchsperson unterschiedlich ausfallen. Mit dieser Frage würde man streng genommen bei Menschen, die zwar nicht häufig am Tag aber dafür lang andauernd singen eine logisch richtige aber dem Zweck der Untersuchung nicht dienliche Antwort bekommen. Vielleicht wäre es besser gewesen, sich die alltägliche oder wöchentliche Singaktivität in Minuten oder Stunden angeben zu lassen.

Denkbar wäre, dass sich hinsichtlich der Kehlkopfbewegungen kein Unterschied zwischen Sängern bzw. Bläsern und den anderen Instrumentalisten zeigte, weil die Stimme bei allen Musikern (z. B. durch Stimm- und Gehörbildung, Chorteilnahme, Blattsingen oder Mitsingen beim Üben) bis zu einem gewissen Grad trainiert ist bzw. die Bewegungen automatisiert sind.

Die Kehlkopfbewegungen bei musikalischen Klangvorstellungen sind laut statistischer Analyse allerdings auch nicht auf das musikalische Lernalter – angegeben in Jahren der professionellen Gesangs- bzw. Instrumentalerfahrung – zurückzuführen. Entgegen der Automatisierungs- bzw. Habituierungshypothese zeigte sich eine schwache positive Korrelation mit dem Lebensalter, nicht jedoch mit dem


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