Nimbus künstlerischen
Tuns beruht anscheinend auf den tradierten Klischees von Einsamkeit und
Abgeschiedenheit. Die Erkenntnisse der Sportpädagogik sprechen eine andere
Sprache: die Einzelnen profitieren von der Gruppe in ästhetischer, emotionaler und
technischer Hinsicht (vgl. die Abschnitte 4.4.4; 4.5.3). Besonders zu betonen ist in
diesem Zusammenhang, dass sich die beschriebenen Effekte zu einem großen
Teil sprachlichen Zugriffen entziehen. Hierin liegt die Chance für non-verbale
Abläufe, die jenseits kognitiv gesteuerter Prozesse – schon ab dem Kleinkindalter,
aber auch noch für Erwachsene – intuitiven Verarbeitungsprozessen Nahrung
bieten.
Bei aller Euphorie darf allerdings nicht übersehen werden, dass in der gemeinsamen Rhythmusgestaltung nicht nur Chancen sondern auch Gefahren lauern. Eine rhythmisch unsichere Schülerin mit versierteren Spielerinnen zusammen musizieren zu lassen, ist kein Allheilmittel, sondern kann auch zu Chaos und Enttäuschung führen. Ein Gruppenrhythmus ist – auch wenn jedes Individuum Möglichkeit der Einflussnahme darauf hat – ein verbindlicher, von außen vorgegebener Rhythmus. Wenn zwischen den Möglichkeiten und Fertigkeiten der Gruppe und des Einzelnen eine zu große Lücke klafft, wird die positiv-mitziehende Wirkung ins Gegenteil verkehrt. Ein ›Magnet-Effekt‹ kann nur innerhalb fein abzuspürender Grenzen geltend gemacht werden. Ist die Differenz zur angestrebten Leistung zu groß, werden die Lernenden nicht mit Freude, Wohlbefinden und Leistungssteigerung belohnt, sondern durch den Beweis von Unvermögen unnötig frustriert. Den Unterrichtenden kommt die wichtige Funktion zu, Synchronisierungs- oder Magneteffekt sinnvoll zu inszenieren, aufmerksam zu begleiten und wenn nötig durch eigenes Mittun Einfluss zu nehmen. Lehrerinnen oder Lehrer sind durch den großen Vorsprung an musikalischer Souveränität in der Lage, sich an jedes Niveau anzupassen. Selbst wenn sie den Grundschlag dehnen oder raffen, um Unsicherheiten der Lernenden auszugleichen, verlieren sie jedoch nie den Bezug zum metrischen Grundgerüst.
8.2.4. Rhythmus und Flexibilität: die Rolle des MetronomsEine der häufigsten Interventionshandlungen im musikpädagogischen Umgang mit rhythmisch-metrischen Problemen ist der Griff zum Metronom. Im Sinne des oben beschriebenen Magnet-Effekts liegt der Gedanke nahe, in der Regelmäßigkeit des Metronom-Clicks einen idealen ›Schrittmacher‹ (oder Magneten) für rhythmisch-metrisch Unsichere zu sehen. Die Praxis zeigt in der Regel aber, dass diejenigen, die sowieso schon Probleme mit der angemessenen Ausführung von Zeitgestalten haben, mit der Anpassung an ein Metronom vollends überfordert sind. Hier ist die oben eingeforderte ungefähre Übereinstimmung im Fertigkeitsstand nicht gegeben. Personen, die grundsätzliche Schwierigkeiten im Empfinden oder Ausführen von Gleichabständigkeit haben, sind zu einer Anpassung an einen so unnachgiebigen |