Erwachsenen werden die
›Schneeflocke‹ sprachlich-gestisch präsentieren, die Flocke durch die Luft führen, auf das
Kind purzeln lassen oder mit dem Wattebausch verschiedenste Körperpartien
bestreichen. Dabei kann die Lehrkraft dazu animieren, gezielte Bereiche aufzusuchen, die
ansonsten selten Reize empfangen wie beispielsweise die Zwischenräume zwischen den
Fingern, die Unterarme, der Nacken oder die Kniekehlen. Ideal wäre es, wenn möglichst
viele Hautbereiche zugänglich wären (was der Winter-Thematik eigentlich widerspricht,
eventuell kann die Raumtemperatur etwas erhöht werden, so dass die Bekleidung
reduziert werden kann). Die Kinder können ihrerseits mit den ›Schneeflocken‹ die
Erwachsenen an vielen Stellen berühren. Diese Phase bringt eine Auflösung des
Kreises mit sich, die Aktivitäten können (und sollen) den ganzen Raum mit
einbeziehen.
Das ausgegebene Material reizt zu vielfältiger Aktivität und impliziert motorische und sensorische Erfahrungen. Die Mitwirkenden haben Gelegenheit, ihr ›Timing‹ frei zu gestalten, Spannung und Lösung (unbewusst) zu erfahren. Jedes Eltern-Kind-Paar kommuniziert dabei individuell und findet dabei seinen eigenen Rhythmus. Die Lehrperson wird das Geschehen beobachten und gegebenenfalls Impulse und Anregungen geben. Das Vorstellungsbild ›Schneeflocke‹ verhindert ein Abgleiten der Aktivitäten ins Beliebige. Die Lehrkraft weist auf besonders gelungene Ideen hin und sichert somit die Qualität der Exploration. Im Falle mangelnder Ideen kann sie Modelle zur einfachen Imitation anbieten, die wiederum eigene Ideen anregen. Hier findet Rhythmus im Sinne von Bewegung in Raum und Zeit statt, der ästhetische Anspruch wird gewahrt durch das Vorstellungsbild. Die Exploration endet damit, dass alle ›Flocken‹ an einem Ort zu einer ›Schneewehe‹ zusammengetragen werden (in einem Körbchen, auf einem weißen Chiffontuch, auf Glitzerfolie o. ä.). Nun soll eine Schneeflocken-Melodie erklingen. Zum Lauschen setzen sich die Paare bequem hin, die Kinder werden in den Arm oder auf den Schoß genommen und zu den Klängen sanft gewiegt. Die Lehrkraft musiziert jetzt die Liedmelodie in einem längeren Ablauf. Sie kann beispielsweise damit beginnen, sehr frei Melodie-Ausschnitte zu spielen, die sich erst allmählich zur gesungenen Einheit von Text und Melodie verbinden. Möglich ist auch, verschiedene Instrumente einzusetzen. So kann die Melodie zunächst mit Flöte oder Xylofon gespielt werden, es können aber auch einleitende Akkorde von Gitarre oder Klavier am Anfang stehen, zu denen dann die Liedmelodie singend ergänzt wird. Denkbar ist auch, dass die Lehrkraft das Lied summt oder singt, mit feinen Akzenten auf Fingerzymbeln begleitet und dabei um die Lauschenden herumgeht. Ziel ist es, in einer längeren Phase die rhythmisch-melodische Einheit des Liedes erfahrbar zu machen. Die Erfahrung des Gewiegtwerdens knüpft an früheste Erlebnismuster an: Musik (und als Teil davon der Rhythmus) wird in engem Körperkontakt mit einer vertrauten Person mit allen Sinnen erlebt. Instrumentale bzw. vokale Ausgestaltung mit Variationen in der Klangfarbe, der Akzentuierung oder im Timing (Fermaten) wecken und erhalten die Aufmerksamkeit. Je größer die Intensität und Musizierfreude, die die Lehrkraft in dieser Phase ausstrahlt, umso mehr werden sich bei den Lauschenden Faszination und Anmutung einstellen. Erfolgreiche Musikerziehung ist für jede Altersstufe und Zielgruppe hochgradig abhängig von einem möglichst hohen künstlerisch-pädagogischen Niveau der Lehrperson.
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