- 187 -Probst-Effah, Gisela (Hrsg.): Musikalische Volkskultur und elektronische Medien 
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historischen Materialismus« sowie der »marxistisch-leninistischen Erkenntnistheorie« (Dittrich/Hoffmann 1961, S. VIIf.).

Dem Musikunterricht kam dabei die Aufgabe zu, »mit seinen spezifischen künstlerischen Mitteln zur allseitigen Entwicklung des sozialistischen Menschen beizutragen« (Dittrich/Hoffmann 1961, S. 1). Lied und Singen spielten eine herausragende Rolle, in der Grundschule und in vorschulischen Einrichtungen sowie im Schulhort insbesondere das Kinderlied. Für den Kindergarten wurde das Kinderlied »als der wichtigste Bestandteil der musikalischen Erziehung« und als »wesentliches Mittel zur Erreichung unserer Erziehungsziele« angesehen. Es mache »die Kinder mit unserem kulturellen Erbe bekannt« und entwickele sowie vertiefe die »Beziehungen zur gesellschaftlichen Wirklichkeit«. Es lege weiterhin »den Grund für die patriotische Erziehung, indem das Kind in ihm verständlicher Form von Familie, Aufbau und Arbeit, von Natur und Heimat singt« (zit. nach König 1962, S. 31).

Bei den Anteilen von tradiertem Kinderlied und neuem Kinderlied war zwar die Präferenz eindeutig definiert, aber es wurde gleichzeitig vor einer Vernachlässigung des überlieferten Kinderliedes gewarnt:

In der Vorschulerziehung wird neben dem alten Volkskinderlied immer das neue, gegenwartsbezogene Lied stehen, dem im allgemeinen die größere Erziehungsaufgabe vorbehalten bleibt. Um die Kinder auch in der Musikbeschäftigung mit dem Leben unserer Gesellschaft zu verbinden, wird die Kindergärtnerin sich bemühen, ständig neue Lieder zu erarbeiten, ohne dadurch das Volkskinderlied gänzlich zu vernachlässigen (Bimberg, 1967, S. 91).

Der Kinderschallplatte wurden hierbei wichtige Vermittlungsfunktionen zugewiesen. Die Kinder sollten beim Musikhören und -lernen die Liedtypen Schlaflied, Tanzlied, Wanderlied, Festlied, Arbeitslied, Pionierlied und Friedenslied kennen lernen, die beiden letzteren als »neue und übergeordnete Zusammenhänge« herausgehoben (Neumann 1967, S. 193). Grundsätzlich stehe bei der Auswahl der »Vorspiellieder und Musikstücke« das Prinzip einer »freudebetonten«, optimistischen Musik im Vordergrund. Das neue oder zeitgenössische Lied sei von Stoffen geprägt, die aus der »sozialistischen Wirklichkeit« heraus gestaltet sind. Dabei wird hervorgehoben, dass sich Frohsinn und politische Funktion nicht einander ausschließen:

Unter dem Begriff ›neues‹ oder ›zeitgenössisches‹ Lied verstehen viele Erzieher dasselbe wie Lied mit ernster politisch-moralischer Aussage. Sie kommen zu dem Schluss, das alles sei sehr wichtig und bedeutungsvoll, doch – wo bliebe die Fröhlichkeit! Einige meinen, es gäbe über [gemeint ist: unter] dem ›neuen‹ Lied zu wenig unbeschwerte, lustige Kinderlieder, besonders für Vorschulkinder, für die das Spielen noch die Haupttätigkeit ist. Das ist eine recht enge Auffassung. Unsere Wirklichkeit hat im Kampf für den Weltfrieden, dem Aufbau der sozialistischen Produktion in der Stadt und im genossenschaftlichen Dorf, der Bildung und Erziehung unserer Menschen zur gebildeten kulturvollen Nation viel Raum für Spiel, Singen, Tanz, für Frohsinn, für neue Formen der Geselligkeit. Unter dem Begriff ›neues‹ Kinderlied ist demnach das vokale Musiziergut zu verstehen, in dem alle Lebensbereiche des Menschen ihren Niederschlag finden (Neumann 1967a, S. 70f.).

Dies könnte fast als programmatische Aussage zur DDR-Produktion von Tonträgern mit neuen Kinderliedern in bezug auf die Liedauswahl und die Stilmittel


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