18. Hypothese 7: Motorische Prozesse im Stimmapparat in Abhängigkeit der
»Qualität« der musikalischen Klangvorstellung
18.1. Zur »Messung der Klangvorstellung«
Beim Phänomen der musikalischen Klangvorstellung handelt es sich – ähnlich wie beim
Begriff der Intelligenz und der Emotion – um ein hypothetisches Konstrukt. Der Prozess
selbst, die Qualität bzw. die Eigenschaften und Inhalte der Klangvorstellung sind nicht
direkt beobachtbar. Im Rahmen dieser Arbeit wurde angenommen, dass sich über die im
Methodenteil beschriebenen »Indikatoren« musikalischer Klangvorstellung indirekt
Rückschlüsse auf die Ausprägung dieser so genannten latenten Variablen ziehen
lassen.
Als der wichtigste Indikator musikalischer Klangvorstellung wurde der »AMMA«-Test
angesehen, da er aufgrund der Aufgabenstellung des Vergleiches zweier auditiv
dargebotener Melodien ganz offensichtlich das Melodiegedächtnis testet und damit
Klangvorstellung erfordert und an einer großen Stichprobe standardisiert wurde. Es wurde
vorausgesetzt, dass eine solche Weise des analytisch-kognitiven Hörens und Vorstellens auch
in anderen als Prüfung empfundenen Situationen, wie z. B. der Instruktion der
Klangvorstellung nach Gehör oder nach Noten zum Einsatz kommt. Da mit Hilfe von
»AMMA« keine darüber hinausgehenden Aussagen über die allgemeine Musikalität der
Probanden gemacht werden sollten, erschien der Test für den Zweck dieser Arbeit gut
geeignet.
Selbst innerhalb der homogenen Gruppe der Musiker streute das Leistungsniveau beim »AMMA«-Test
sehr stark.1
1Bei der Bewertung des Tonhöhengedächtnisses z. B. wurden Perzentilrangwerte zwischen 5 und 97 erzielt. Dies bedeutet, dass in Edwin E. Gordons Normierungsstichprobe nur 3 % gleich gut oder besser abgeschnitten hatten, als der beste Teilnehmer der hier vorliegenden Studie.
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Zudem korrelierten die »AMMA«-Werte mit denen des »Schilling-Tests« und der
Selbsteinschätzung der Leistung am Theremin bei akustischer Präsentation der Items. Der
Test scheint also tatsächlich individuelle Unterschiede bezüglich des Tonhöhengedächtnisses
aufzuzeigen.
Es wurden neben »AMMA« noch weitere Indikatoren zur Messung der Qualität der
musikalischen Klangvorstellung verwendet, weil davon ausgegangen wurde, dass »AMMA«
nur einen Teil der Klangvorstellungsfähigkeiten erfasst. Im Wesentlichen dürfte es sich dabei
um die Fähigkeit des Hörens/Erinnerns von Unterschieden handeln. Ästhetische oder
qualitative Aspekte (wie Deutlichkeit, Lebendigkeit, Ganzheitlichkeit, Mehrstimmigkeit,
Klangfarbe) werden von »AMMA« nicht erfasst. Diese sollten vor allem mit Hilfe der freien
Texte aufgedeckt werden. Das Mittel der Introspektion stellte sich allerdings als
nur bedingt geeignet heraus, weil die Gedanken über Klangvorstellung maximal
nur eine Beschreibung der Klangvorstellung, nicht jedoch die Klangvorstellung
selbst sein können (Abbild eines Abbildes).
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