Es zeigten sich Unterschiede in der
Eloquenz bzw. Fähigkeit der Untersuchungsteilnehmer ein immaterielles, schwer
greif-/fassbar und flüchtiges Phänomen verbal zu beschreiben. Die Reflexion über einen
musikalischen Bewusstseinsinhalt sowie dessen Externalisierung (z. B. durch Verbalisierung
aber auch durch Singen und Instrumentalspiel) erfordert Abstraktionsvermögen.
Man muss in der Lage sein, sich auf einen Aspekt von Musik zu konzentrieren
(z. B. Tonhöhe) und Fragen dazu zu beantworten. Wie schon im Methodenteil
(Kapitel 7.5 auf Seite 81 ff.) angemerkt, hat eine Transformation freier Texte in
quantitative Daten aus den genannten Gründen etwas Willkürliches an sich. Sie
erwies sich als ungeeignet, um Aussagen über die Qualität der Klangvorstellung der
Untersuchungsteilnehmer zu machen. Ähnliches traf auch auf die Gehörbildungsnoten
als Indikatoren für musikalische Klangvorstellung zu. Abgesehen davon, dass die
gemachten Angaben schwer zu überprüfen sind, streuen Gehörbildungsnoten im
Allgemeinen sehr wenig. Die Frage der Objektivität der Notenvergabe stellt sich auch
hier.
Wie bereits erwähnt wurde auf Blattsingen bzw. Nachsingen einer gehörten Melodie verzichtet, um die bei vielen Musikern vorhandenen Hemmungen des spontanen Einsatzes ihrer Singstimme zu umgehen. Das stattdessen eingesetzte Theremin sollte auf nonverbale Art die Genauigkeit des Tonhöhengedächtnisses erfassen. Zudem konnte hier die Fähigkeit der Umsetzung der Klangvorstellung in motorische Aktionen (Hand-/Armbewegungen) überprüft werden. Interessanterweise korrelierten die Ergebnisse des »Schilling-Tests« mit nahezu allen anderen verwendeten Indikatoren (Ausnahme: zwei der drei Beurteilungen der Qualität der Klangvorstellung auf Grundlage der freien Texte durch den Versuchsleiter; siehe Kapitel 14.4 auf Seite 126). D. h. je genauer auf dem Theremin intoniert wurde, desto besser fiel die Einschätzung der musikalische Klangvorstellung der Untersuchungsteilnehmer auch auf den anderen Indikatoren aus. Ursprünglich vorhandene Bedenken, dass die Verwendung eines Theremins im »Schilling-Test« anstatt musikalischer Klangvorstellung eher Persönlichkeitseigenschaften, wie Selbstvertrauen, Umgang mit Testangst bzw. Umgang mit unvertrauten Instrumenten messen könnte, sind somit hinfällig. Eventuell wäre die Korrelation zwischen »AMMA«- und »Schilling-Test« sogar noch höher ausgefallen, wäre anstelle des Theremins – wie von Michael Schilling vorgesehen – ein Drehknopfpotentiometer zum Einsatz gekommen. Bei Schillings Testentwicklung war der Tonumfang des spielbaren Bereiches auf ca. zwei Oktaven begrenzt. Möglicherweise hätten dies und die Verwendung eines Drehknopfes zum Einstellen der Tonhöhen durch die Minimierung motorischer Anforderungen zu einer genaueren Intonation in dieser Arbeit beigetragen. Dabei darf aber nicht unterschlagen werden, dass Michael Schilling bei der Konstruktion seines Tests aufgrund seiner verwendeten Auswertungsmethode die von den Untersuchungsteilnehmer gespielten Töne bis zu einer Abweichung von ± 50 Ct (d. h. auf einen Halbton genau) als korrekt intoniert beurteilte. Die mittlere Abweichung der Theremintöne aller Musiker von den jeweiligen »Zieltönen« betrug in dieser Untersuchung bei den akustischen Items ca. einen Halbton, bei den visuellen Items ca. 1 1/4 Halbtöne (siehe Tabelle 13.2 auf Seite 119). Dies erscheint vor dem Hintergrund der bereits in den Ergebnissen einberechneten Oktavfehlerbereinigung als nicht tolerabel für die normalerweise vorhandenen Ansprüche eines Musikers an die Reinheit seiner Intonation. Es sei allerdings |