- 40 -Schmidt, Patrick L.: Interne Repräsentation musikalischer Strukturen 
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schaffen. Hebb veranschaulichte dies anhand der visuellen Vorstellung eines Kraftfahrzeugs, bei der man nicht alle Bestandteile auf einmal sofort klar »erkennt«. Je nachdem, ob man sich z. B. auf die Windschutzscheibe oder auf den Kofferraum konzentriert, werden die Einzelheiten nacheinander deutlich. Auch er betrachtete Vorstellungen als eine Rekonstruktion der perzeptionellen Aktivität/Wahrnehmung inklusive der daran beteiligten Muskelbewegungen. Eine Teilvorstellung löst dabei nicht eine andere aus, sondern aktiviert das motorische System, das wiederum die nächste Teilvorstellung bewirkt (1968, S. 470). Die Übertragung dieser Theorie auf die musikalische Klangvorstellung erscheint problematisch, da Kehlkopfbewegungen – im Gegensatz zu Augenbewegungen bei visuellen Wahrnehmung – nicht unmittelbar an der auditiven Wahrnehmung beteiligt sind.11
11 Möglicherweise wären Muskelbewegungen im Innenohr für diesen Zweck besser geeignet.

Dennoch fand Andrea Halpern (1988a; 1992) in Übereinstimmung mit Hebbs Theorie zumindest Belege für eine sequentielle Organisation der musikalischen Klangvorstellung. In Anlehnung an eine Studie von Stephen Michael Kosslyn, T. M. Ball und B. J. Reiser (1978) zum visuellen Scannen stoppte sie die Zeit, die Musiker und musikalische Laien brauchten, um zu entscheiden, ob ein Liedwort eines bekannten Liedes auf einer höheren oder tieferen Tonhöhe erklingt, als ein zuvor aufgetretenes Liedwort (z. B. Vergleich der Tonhöhen von »Dashing« und »sleigh« aus »Jingle Bells«). Sie entdeckte Hinweise darauf, dass die Lieder in der Vorstellung »gescannt« wurden, da die Entscheidungszeit mit wachsendem Abstand der beiden Liedworte im Lied zunahm. Die Reaktionszeit verlängerte sich auch mit zunehmendem Abstand der ersten für den Vergleich relevanten Tonhöhe vom Beginn des Liedes (z. B. Vergleich der Tonhöhen von »snow« und »sleigh«).

Beide Ergebnisse sprechen dafür, dass die Melodien seriell verarbeitet wurden. Die Probanden mussten die Lieder innerlich von Anfang an durchgehen, um ein Urteil zu Tonhöhenunterschieden abgeben zu können. Geht man davon aus, dass dieser Prozess von motorischen Aktivitäten im Stimmapparat begleitet wurde, so bleibt letztlich dennoch ungeklärt, inwiefern der »Scanvorgang« der Repräsentation bzw. Organisation zeitlicher Strukturen der Vorstellungsinhalte oder deren Simulation diente. Interpretiert man motorischen Prozesse als eine Funktion des Gedächtnisabrufs, in der Bedeutung, dass eine bereits entstandene mentale Vorstellung mit Hilfe der Bewegungen gescannt oder erforscht wird, als ob es sich um ein reales Objekt oder Bild handelte, so würde die Vorstellung an sich kein motorisches Phänomen darstellen.

Fraglich ist auch, ob Muskelbewegungen überhaupt eine Bedeutung für die Vorstellung zeitlicher Aspekte haben. Es ist eine empirisch bestätigte Tatsache, dass das stumme Lesen einer Notation weniger Zeit beansprucht als die instrumentale Ausführung, selbst wenn der Musiker versucht, beim Lesen sich die konkrete Ausführung vorzustellen (vgl. Rötter 1991; 1995). Die Genauigkeit der Einhaltung des Tempos beim Spielen und Vorstellen musikalischer Werke ist nach Günther Rötter (1997; 2000) zudem nicht davon abhängig, ob ein Musiker dabei den Fuß im Takt mitbewegt. Dem steht gegenüber, dass rhythmische Strukturen seit Menschengedenken über körperliche Bewegungen weiter vermittelt werden. Musikpädagogische Konzepte basieren offensichtlich auf der Annahme, dass sich Rhythmen durch Fußbewegungen, Klatschen und rhythmische Solmisation (Sprechen auf Silben) besonders


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