Konsequenzen für die MusikpädagogikAufgrund der Übereinstimmung der charakterisierenden Kennzeichen kann davon ausgegangen werden, dass die Annäherung an Musik im Kindesalter Parallelen zur sprachlichen Entwicklung aufweisen wird. Demnach ist es sinnvoll auch im Musiklernen Kindern größere Einheiten anzubieten, in der Erwartung, dass diese ihre Aufmerksamkeit fesseln und ein intuitives Erfassen des Aussagegehaltes auslösen. Gleichzeitig muss die kommunikative Funktion musikalischer (Zeit-)Gestalten in einem musikpädagogischen Ansatz für junge Kinder besonders berücksichtigt werden. Ein früher bzw. grundlegender Umgang mit Musik(-rhythmen) muss darin bestehen, überhaupt Kontakt mit anderen aufzunehmen und auf klanglicher, quasi vorsprachlicher Ebene emotionale Befindlichkeiten auszudrücken. Kindliche Protest- oder Freudenschreie, zufriedenes Gurren und Lautieren auf der einen Seite, beschwichtigende oder aufmunternde Laute und Äußerungen auf Seiten der Erwachsenen bilden das Repertoire allerfrühester Kommunikation. In Wiegenliedern, Kniereitern, Reimen oder Fingerspielen finden sich deren Elemente oder Verläufe musikalisch überformt wieder. Melodisch-rhythmische Grundformen überschneiden sich in Sprache und Musik, der Umgang damit besitzt für beide Bereiche eine Schlüsselfunktion.
8.3.2. Sprach- und Bewegungssteuerung – MusiksteuerungEin großer Fortschritt in der Sprachentwicklung ist die Fähigkeit, eine Silbe zu verdoppeln oder zu verketten (vgl. Abschnitt 5.1.3). Hier liegt der Ursprung willkürlicher Aktion, es besteht ein Zusammenhang mit den so genannten motorischen Stereotypien der Bewegungsebene (vgl. die Abschnitte 4.4.2 und 8.2.2). Tatsache ist, dass der Rhythmus in Bewegungs- oder Lautäußerungen (die ja durch Bewegung der Artikulatoren realisiert werden) entscheidend von der motorischen Entwicklung bestimmt wird. Für die musikpädagogische Praxis bleibt festzuhalten, dass Rhythmus schon geschieht, bevor er willkürlich initiiert wird. Nicht umsonst ist die Baby-Rassel eines der ersten Spielzeuge, das Säuglingen angeboten wird (der Markt hält sogar Söckchen mit integrierter Rassel bereit). Rhythmen (als Bewegung in Zeit und Raum) entstehen als ständiges Beiprodukt in der fortschreitenden Bewegungsentwicklung, zum Teil eben auch rhythmisch im Sinne von regelmäßiger Wiederholung. Im Beispiel mit der Rassel sorgt der Greifreflex für einen festen Halt in der Hand, die Bewegung geschieht grobmotorisch aus Schulter oder Ellenbogen, mit großer Wahrscheinlichkeit führt der freie Arm parallele Bewegungen aus. Andere Rhythmen entstehen, wenn Kinder Spaß daran finden, unentwegt gegen ihr Bettchen zu treten, ihre Baby-Sitzschale in schaukelnde Bewegung bringen oder mit einem Löffel auf den Teller schlagen.
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