weist darauf hin, dass eine Dauernkompensation dann stattfindet, wenn
beispielsweise in einem zu sprechenden Satz einsilbige durch zweisilbige Wörter ersetzt
werden. Diese zwei Silben sind nun so lang, wie vorher nur eine Silbe (ebd.,
S. 15).
Letztendlich bleibt festzuhalten, dass die zeitliche Steuerung des Sprechens hochgradig kompliziert und auch noch nicht abschließend geklärt ist. Dennoch lassen sich von den dargestellten Modellen Parallelen zur Steuerung des musikalischen Rhythmus ziehen. Denn auch in der Musikausübung geht es einerseits um eine automatisierte Ausführung, in die andererseits aber jederzeit regulierend eingegriffen werden kann. Möglich wird dies – genau wie in der Sprechsteuerung – durch ständige sensorische Rückmeldung. Besonders plausibel erscheint für das rhythmisch-metrisch gebundene Musizieren die Annahme eines inneren Zeitgitters, an der sich Wahrnehmung und Ausführung orientieren. Für musikpädagogische Interventionen sollte die Parallele zu einer tendenziellen aber nicht hundertprozentigen Gleichabständigkeit zwischen betonten Sprachsegmenten besonders beachtet werden: Sprache und Musik zeichnen sich aus durch die Gebundenheit an ein regelmäßiges Pulsieren. Der Bezug auf das biologische Phänomen des Herzschlags liegt hier nahe, weil auch dieser zwar regelmäßig, aber keineswegs starr ist. In ständiger Feinabstimmung mit physischen und psychischen Gegebenheiten gestaltet der Puls seine Gleichabständigkeit flexibel und situationsadäquat.
5.4. Sprech- und Sprachstörungen im Kontext zeitlicher Steuerung
5.4.1. StotternEine der bekanntesten Sprechstörungen ist das Stottern. Jeder Mensch kann durch Aufregung, Nervosität oder Verwirrung sprachlich ›ins Stolpern‹ kommen, problematisch ist erst eine dauerhafte Störung des flüssigen Sprachverlaufs. Charakteristisch für das Stottern sind neben der (unbeabsichtigten) Repetition von Worten, Silben oder Lauten auch das Auftreten von Blockaden und Prolongationen (Kalveram 2000, S. 191). Da der Sprachfluss – also der zeitliche Ablauf des Sprechens – gestört ist, liegt es auf der Hand, nach Zusammenhängen von Sprechunflüssigkeiten und zeitlicher (also rhythmischer) Steuerung von Sprache und Sprechen zu fragen. Im vorliegenden Kontext gilt das Augenmerk Ansätzen, die die Ursachen des Stotterns in einer fehlerhaften sensorischen Rückmeldung bzw. motorischen Steuerung von Sprache (vgl. Abschnitt 5.3) sehen. Seit 1950 ist bekannt, dass die verzögerte auditive Rückmeldung, im Englischen als ›delayed auditory feedback‹, abgekürzt DAF, den normalen Sprechfluss stört und verlangsamt, bei Stotternden dagegen eine symptomreduzierende Wirkung zeigt. Bergmann (1987) vermutet als Grund für die Milderung von Stottersymptomen das Bilden »neuer Sprechmuster im Sinne einer Reorganisation zeitlich- |