bzw. Tonhöhe der erzeugten Laute erkannt. Im
Laufe der weiteren kognitiven Entwicklung emanzipieren sich gemäß Piaget zwar die
mentalen Operationen von der sensumotorischen Intelligenz in dem Sinne, dass deren innere
Struktur bis zu einem gewissen Grad unabhängig wird von den Bewegungen, durch die sie
ursprünglich realisiert wurden. Dennoch betonte er, dass Vorstellungen zusätzlich zu
ihrem quasi-sensorischen Charakter auf Motorik beruhen. Augenbewegungen bei
visuellen Vorstellungen werden von ihm auf die Imitation bzw. Simulation der
Kontur von imaginierten Objekten zurückgeführt (vgl. Piaget & Inhelder 1966/1979,
S. 17ff).
Es existieren zahlreiche Theorien, die motorische Prozesse im Stimmapparat beim Lesen als eine Art der Übersetzung oder Rekodierung visueller Information durch eine verdeckte Artikulation von Schriftzeichen deuten (u. a.: Osgood 1957; Hardyck & Petrinovitch 1970; Levy 1971; Baddeley et al. 1975; Besner 1987). Wie bereits erwähnt, bildete in frühen Veröffentlichungen von Alan Baddeley (z. B. 1979) die Annahme einer »artikulatorischen Wiederholungsschleife« die Grundlage seines Arbeitsgedächtnismodells. Dieses sah die Existenz einer »inneren Stimme« vor, die in Verbindung mit einem »inneren Ohr« durch (stumme) Repetition Informationen im Gedächtnis aufrechterhalten konnte (»Rehearsal«).7
In jüngster Zeit wird diskutiert, ob das motorische System Teil eines Simulationsnetzwerkes ist, dass dazu verwendet wird, wahrgenommene Aktionen zu interpretieren (Chaminade et al. 2001). Es gibt Hinweise, dass das motorische System die darauf folgenden Komponenten bei der Produktion von Bewegungen antizipiert. Die Wahrnehmung menschlicher Bewegungen könnte die neuronalen motorischen Strukturen aktivieren, die an der Vorbereitung der Bewegungsausführung beteiligt sind. Dies wurde sowohl bei Primaten als auch bei Menschen bereits beobachtet. Im prämotorischen Kortex von Affen feuern sogenannte Spiegelneuronen während der Beobachtung und der Ausführung von Greifhandlungen (Di Pellegrino et al. 1992). Beim Menschen zeigen funktionelle Bildgebungsdaten eine selektive Aktivierung mehrerer kortikaler Regionen bei der Wahrnehmung menschlicher Bewegungen, die an der motorischen Kontrolle beteiligt sind (vor allem der prämotorische Kortex und der Parietallappen) (Buccino et al. 2001; Grèzes & Decety 2001). Auch Nasenbewegungen bei olfaktorischen Vorstellungen werden momentan im Sinne einer Simulation des Riechens bei Geruchswahrnehmungen gedeutet (Bensafi et al. 2003; 2005). Der griechische Begriff der Mimesis soll im Folgenden stellvertretend für Imitation und Simulation musikalischer Strukturen verwendet werden. Er steht nach Aristoteles sowohl für die Nachahmung der Natur als Grundprinzip der Kunst als auch für die »Darstellung einer angemessenen Möglichkeit, die Wirklichkeit sein könnte, aber als Dichtung nicht Wirklichkeit ist« (Aristoteles zitiert nach Meiner 1998, S. 415). |