besteht, deutlicher und
strukturierter zu handeln, als unter Erwachsenen. Somit ist davon auszugehen, dass sich
das Phänomen der Ammensprache (vgl. 5.1.1) nicht auf die Sprache beschränkt,
sondern auch das Bewegungsverhalten betrifft. Im Kontakt mit Säuglingen und
Kleinkindern neigen Erwachsene dazu, ihre Handlungen besonders deutlich
zeitlich zu gestalten, sie mehrfach zu wiederholen und somit quasi modellhaft zu
agieren; man könnte von einer ›Ammen-Gestik‹ sprechen. Auf der Seite des
Kindes wiederum findet sich eine hohe Empfänglichkeit und die Fähigkeit zu
feiner Differenzierung der wahrgenommenen Reize aus dem Bewegungs- und
Sprachverhalten.
Für die kindliche Entwicklung bleibt festzuhalten, dass die Geste zunächst das Wortsymbol ersetzt, später begleitet. Dabei folgen die stattfindenden Bewegungen den Grundzügen der motorischen Entwicklung: erst bilateral, dann asymmetrisch; erst großräumig, dann kleinere Bereiche betreffend; zunächst mit Händen und Füßen, dann mit oberen oder unteren Extremitäten. Auch noch im Erwachsenenalter stützt die sprachbegleitende Bewegung die Verbindung von innerer Repräsentation und sprachlicher Kodierung. Ein zweiter Aspekt betrifft die Gestik in ihrer Funktion als fokussierendes, die Konzentration erhaltendes Element. Die Geste im sprachlichen Umfeld unterstützt kognitive Prozesse. Als Leitlinie gilt hier: Erfahrungen mit dem Selbst gehen Erfahrungen mit Objekten voraus.
5.2.3. Entwicklungsbezogene Parallelen von Sprache und BewegungNachdem gezeigt werden konnte, dass Artikulation und Gestik durch ihre zeitliche Dimension eng verwoben sind, soll der Blickwinkel noch erweitert werden auf lokomotorische bzw. grobmotorische Aktivitäten. Esther Thelen (1981) geht in ihrem verhaltensbiologischen Ansatz davon aus, dass für die Fortbewegung motorische Programme angeboren sind. Diese intrinsisch generierten Muster der Muskelaktivität – weiter oben schon als Stereotypien (vgl. die Abschnitte 4.4.2 und |