- 92 -Lehmann, Silke: Bewegung und Sprache als Wege zum musikalischen Rhythmus 
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Sprech- und Sprachvermögen hat. Nicht undenkbar ist, dass auch umgekehrt Einflüsse geltend gemacht werden können: der (entsprechend gestaltete) Umgang mit Sprechrhythmen kann sich positiv auswirken auf den Umgang mit musikalischen Rhythmen.
Der Umgang mit Rhythmen in der Musik kann sich positiv auswirken auf den Umgang mit Rhythmen in der Sprache – und umgekehrt.

Konfundiertheit der Phänomene

Dass Sprache und Musik zahlreiche Gemeinsamkeiten aufweisen, ist in den vorangegangenen Abschnitten hinreichend deutlich geworden. An dieser Stelle soll das Augenmerk noch einmal auf die spezielle Thematik der Konfundiertheit rhythmischer Phänomene gerichtet werden. Schon Kapitel 3 hatte sich mit dem Definitionsproblem auseinandergesetzt und festgestellt, dass eine verwirrende Vielfalt von Begriffen existiert, die zum Teil gleich belegt sind, zum Teil sich auch widersprechen. Ähnliches muss für den Bereich des Rhythmus in der Sprache festgestellt werden. Dennoch gibt es Differenzierungsversuche, die hier unter Einnahme des ›musikalischen‹ Blickwinkels näher betrachtet werden sollen. So erscheint es Bergmann (1987) sinnvoll, »die zeitliche und rhythmische Struktur einerseits und die Merkmale der Sprechmelodie und Betonung andererseits zu differenzieren« (ebd., S. 24). Hier bleibt anzumerken, dass Betonung – jedenfalls in der musikalisch geprägten Sichtweise – durchaus als rhythmisches Phänomen betrachtet werden kann. Weiter heißt es:

Akzent (›accent‹) und Betonung (›stress‹) werden auch in der englischsprachigen Literatur nicht einheitlich verwendet, üblich ist jedoch von ›Akzent‹ als Eigenschaft einer Äußerungseinheit, z. B. eines Satzes, zu sprechen, während sich Betonung auf die Silbenstruktur der Sprache bezieht, man also betonte und unbetonte Silben unterscheidet (ebd., S. 24f.).

Ob nun im Falle des Akzents der ganze Satz markiert sein soll, oder nur ein oder mehrere Elemente daraus, und durch welche(n) Parameter dies geschieht bleibt unklar. Gleiches gilt für die Silbenabfolge von betont und unbetont, es wird hier nicht benannt, ob Lautstärke, Tonhöhe oder noch ein anderes Gestaltungsmittel die Betonung verursacht. Deutlicher wird Zimmer (1999):

Akzente werden durch die Intonation bzw. Veränderung der Tonhöhe realisiert und stehen im Zusammenhang mit dem Ausdruck von Emotionen oder inhaltlichen Kontrasten, während Betonungen durch Verlängerung des Vokals oder durch größere Lautstärke entsteht. (ebd., S. 20).

Gleichzeitig erfolgt der Hinweis darauf, dass die getrennte Betrachtung der Bereiche nicht möglich und auch nicht sinnvoll sei. In der Tat ist aus der psychologischen Forschung belegt, dass Versuchspersonen die Tendenz haben, betonte Ereignisse auch zu verlängern, bzw. Längen zu akzentuieren. Die Ebenen von Betonung und Dauer beeinflussen sich also gegenseitig (vgl. Abschnitt 6.1.3).

Für den Bereich der Sprache gilt – genau wie für die Musik – dass Betonung und Länge nicht nur miteinander sondern auch mit Parametern wie Tonhöhe oder Klangfarbe in Wechselwirkung treten.


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