begreiflich. Für
die Musikausübung muss dieser Sachverhalt in Beziehung gesetzt werden zu
den Anforderungen im Umgang mit verbindlichen Längen, Werten und deren
Zeichen.
6.1. Wahrnehmen, Empfinden und Verstehen von ZeitSchon im Kapitel 4 ›Die körperliche Dimension von Rhythmus‹ war die besondere Bedeutung von biologischen Zeitzyklen dargelegt worden. Geregelte Zeitverläufe – insbesondere die circadiane Periodik – dienen dazu, Leben zu erhalten: Falter schlüpfen zu einer bestimmten Tageszeit, um nicht Opfer von Fressfeinden zu werden; Veränderungen von Körpertemperatur und Stoffwechselvorgängen unterliegen einer Feinabstimmung zwischen Individuum und Umwelt. Diese Prozesse folgen keiner willkürlichen Einflussnahme, sondern werden zentralnervös gesteuert. Somit bleibt festzuhalten, dass Zeitverarbeitung als biologische Grundausstattung sowohl Menschen als auch Tieren hilft, Überleben zu sichern.
6.1.1. Zwischen Kognition und Reflex: Wahrnehmung von ZeitDie Sichtweise von Zeitverarbeitung als lebenserhaltender Funktion findet sich in den grundlegenden Theorien von Ernst Pöppel und Paul Fraisse wieder. Beide Theorien verbinden psychologische mit neurophysiologischen Elementen. Nach Pöppel entwickelte sich eine differenzierte Zeitwahrnehmung im Laufe der Evolution, »um Verhalten und Erleben anzupassen und zu optimieren.« (Pöppel 1998, S. 376). Fraisse unterstreicht die Funktion von Zeitwahrnehmung als (über-)lebensnotwendiger Fähigkeit, die es Lebewesen ermöglicht, situationsadäquat zu handeln (vgl. Fraisse 1985, S. 72). Pöppel nennt vier Erlebnis-Kategorien, die für die Zeitwahrnehmung bedeutsam sind: die Wahrnehmung von Gleichzeitigkeit, Folge, Jetzt und Dauer (Pöppel 1998, S. 371). Diese Kategorien haben sich im Laufe der Evolution aufeinander aufbauend entwickelt und beinhalten fortschreitende Anforderungen an die neurologische Verarbeitung.
GleichzeitigkeitIn Bezug auf das Empfinden von Gleichzeitigkeit weist der auditive Sinn einen deutlichen Vorsprung in der Genauigkeit der Wahrnehmung auf: während der Sehsinn eine Differenz von zwanzig Millisekunden noch als Gleichzeitigkeit wahrnimmt, reichen dem Ohr drei Millisekunden für die Empfindung von ›nacheinander‹. Diese größere zeitliche Unterscheidungsfähigkeit mag der Grund dafür sein, dass Fraisse das Gehör als Hauptorgan für die Zeitwahrnehmung darstellt (vgl. Fraisse 1985, S. 86).
FolgeUm die Folge von Ereignissen bestimmen zu können, ist auf allen Sinnesebenen eine Distanz von dreißig Millisekunden notwendig. Anders gesagt: um mit Bestimmtheit |